Mittwoch, 12. Dezember 2012

Vergangenheitskrallen

Wann geht das Leben weiter? Woher soll man wissen, ob all das nicht nur ein einziger, grauenhafter Traum ist? An Tagen wie heute wache ich auf und habe das Gefühl, das mein Inneres wie ein Eisklotz zugefroren ist, aber außerhalb meines Körpers alles seinen gewohnten Gang geht. Tja, super. Mein Leben zieht wortlos an mir vorbei und ich stehe festgekettet an alte Erinnerungen und Gefühle da und beobachte, wie sich das stählerne Tor, der einzige Weg, der mich in meiner Welt hält, langsam direkt vor meiner Nase schließt. Jetzt fragst du dich wahrscheinlich: Warum hältst du das Tor nicht einfach auf oder schlüpfst schnell hindurch, bevor es sich vollkommen verschließt? Na, ganz einfach Schätzchen. Wie soll ich es schaffen, etwas in der Gegenwart zu verändern, wenn ich seelisch noch immer im Vergangenheitszustand fühle und dort quasi als leblose Hülle vor mich hin – vegetiere? Das, was ihr hier von mir seht ist einzig und allein Beweis meiner Existenz, aber ich, ich als Persönlichkeit und Mensch, ich gehe noch immer meinen Traumweg, den ich vor ein paar Monaten, vielleicht auch vor ein paar Jahren gegangen bin. Je länger man schon in dieser Zeitspanne feststeckt, umso schneller schließt sich auch das stählerne Tor. In meiner Welt steht das Tor noch relativ weit offen, doch mit jedem kleinsten Nanometer, mit dem sich das Tor schließt, ist mir schmerzlich bewusst, dass ich mit jedem Mal, wenn die beiden offen Torflügel näher beisammenrücken, der Tatsache, einen endlos erscheinenden Schacht hinunterzufallen und nie wieder etwas anderes zu sehen als Schwärze, vollkommene Schwärze, beträchtlich näher rücke. Ich weiß, dass ich einen Weg finden muss, aus diesem ewig währenden Teufelskreis herauszufinden, doch wie? Die Zeit beginnt, meine Gefühle zu vereisen, jene Momente in meinem Leben an meine Gedanken zu ketten, so dass ich weder etwas vergessen, noch meine Meinung ändern, geschweige denn 'loslassen' kann. Ich blicke mit müden Augen hinaus zum Fenster. Es schneit. Dicke, weiße Schneeflocken schweben herab und begraben die Welt unter einer Schicht von glitzernden, leuchtenden Eiskristallen. Ein Stich zieht sich durch mein Herz hinauf zu meinen Schläfen und die gewohnten Kopfschmerzen nehmen wieder ihren gewohnten Platz in meinem Leben ein. Warum können meine alten Gefühle und Zeitspannen, die mich in der Vergangenheit festhalten, nicht auch einfach vom Schnee begraben werden und, wenigstens für eine kleine zeit, bis der Schnee geschmolzen ist, vergessen sein? Warum nicht...? Das Tor knarrt, und die beiden Türen rücken wieder ein Stück näher zusammen. Ich schlucke, sehe zu, wie die Welt, meine Welt, langsam immer mehr hinter dem riesigen Stahltor verschwindet und ich, festgekettet von Emotionen und Momenten meiner Vergangenheit, noch immer auf dem altbekannten Weg stehe und mir selbst alles wieder wegnehme, was ich mir kürzlich erst aufgebaut habe.