Dienstag, 17. Mai 2016

Schreiben á la Kafka


Hausaufgabe für Deutsch LK - kreatives schreiben/Bildbeschreibung
- war ganz zufrieden mit dem Ergebnis und dachte mir, ich teile es mit euch <3

Als er den schwach beleuchteten Raum betrat, schlug ihm eine unangenehme Atmosphäre entgegen. Automatisch blieb er stehen und stützte sich mit seinem Gehstock langsam auf dem knarrenden Holzboden ab. Die Luft war abgestanden und unangenehm schwül. Sein Blick wanderte vorsichtig durch den schmalen Gang, hinauf zur Decke. Das erste, was ihm auffiel, waren die etlichen Kleidungsstücke, die von dort hinabhingen. Durch die gesamte Passage zogen sich die Leinenfäden, die Hemden unsorgfältig darübergeworfen. Es schien, als wollten die herabhängenden Ärmel nach ihm greifen. Schnell wanderte sein Blick weiter. Erst jetzt bemerkte er, dass nirgends ein Fenster aufzufinden war. Die Wände wirkten kahl und schäbig, überall schien ihm Staub und Schmutz, welcher ihm das Atmen erschwerte. Links von ihm befand sich eine Tür aus Holz mit einem kleinen Fenster, aus dem seichtes Licht drang. Auf der rechten Seite entdeckte er haufenweise Aktenschränke. Der Anblick beunruhigte ihn. Langsam machte er wenige Schritte nach vorne. Im Schatten vor den Aktenschränken regte sich etwas bei seiner Bewegung. Leises Murmeln zog sich durch den Gang, gefolgt von einem kurzem, sehr trockenem Husten, bei dessen Laut er unwillkürlich zusammenzuckte. Auf mehreren Bänken entdeckte er eine Hand voll Männer. Trotz ihrer Anzüge und dem Hut, den einer von ihnen auf dem Kopf trug, wirkten sie irgendwie zusammengesunken. Ihre Haltungen waren gekrümmt, der Blick zum Boden gerichtet. Der Mann mit dem Hut schlief, die Arme abwehrend vor der Brust verschränkt. Wahrscheinlich ist er erschöpft. Es war, als warteten diese Menschen hier schon ewig. Zwei Männer, die auf einer Bank knapp hinter ihm saßen, schienen ihn zu beobachten. Ihre Augen folgten jeder seiner Kopfbewegung. Auch ihre Arme waren vor der Brust verschränkt, ihre Blicke schienen aufmerksam, wenn auch auf eine gewisse Art und Weise abwertend. Sein Blick wanderte weiter und blieb an einem kleinen, herzförmigen Detail der Sitzbänke hängen. Es kam ihm unpassend einladend vor. Ein unangenehmer Geruch schlug ihm entgegen. Angstschweiß? Er konnte ihn nicht einordnen. Wenige Meter vor ihm segelte im fahlen Licht ein Zeitungspapier auf den Boden. Ein Mann, der ihm bis dahin nicht aufgefallen war, kam aus einem angrenzenden Gang hervor und stütze sich gebeugt am Bücherregal direkt daneben ab. Auch er trug einen Anzug und einen Hut, aber auch er wirkte müde und irgendwie bedrückt, als würde er eine Last mit sich tragen. Bei genauerem Hinschauen fiel ihm die Unordnung in den Regalen auf. Überall reihten sich Pakete, Bücher und Zeitschriften, lieblos aufeinandergestapelt. Es war ihm, als suche der Mann nach etwas. Der Boden vor ihm - übersät mit kleineren Zetteln, Zeitungspapier, Pergamentrollen. Geruch, der an alte Bibliotheken erinnerte. Augen, die ihn beobachteten. Trockenes Husten im Hintergrund. Feuchte Hemdärmel, die von der Decke hingen. Und überall dieser Schmutz und dieser Staub, der ihm die Luft zum Atmen nahm.

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