Dienstag, 10. März 2015

Käsekuchen



Einst lag sie draußen auf der Wiese
übersät mit roten Tulpen und lila Veilchen
starrte in den blauen Himmel hinauf
der strahlte und leuchtete und sie lächelte
während Zuhause Mama Kuchen backte
mit Erdbeeren und Schokoladen-Kleeblättern
den sie so gerne aß, dass ihr jedes Mal schlecht wurde
vom vielen Kuchen
und trotzdem war sie glücklich in diesem Jahr
auf ihrer Wiese mit den vielen Blumen
die sie pflückte und zu Mama nach Hause brachte
die diese mit Tränen in den Augen entgegennahm
und ihr über die blonden Haare strich
die Mama nicht mehr hatte
und sah in ihre Augen, die sie im grünen Schimmer neugierig anstarrten
noch so jung und unerfahren
das Leben erst vor sich
so starrte sie Mama an
deren Augen gerötet waren vom vielen weinen
und so eingefallen, dass man glaubte, sie würden gleich verschwinden
so sahen sie sich an
in diesem Jahr
und doch waren sie glücklich.

Einst saß sie draußen auf der Wiese
zwischen wehenden Grashalmen vom kalten Wind
während sie frierend die Arme um sich schlang
und den Tulpen und Veilchen beim Welken zusah
und der Himmel war grau und voller Wolken
den sie mit trüben Blick betrachtete
während Mama beim Bäcker war und Apfelkuchen kaufte
den sie nicht mochte
weil der Zimt fehlte, den Mama immer hineingemischt hatte
und ihr glücklich sein schwand von Tag zu Tag
während der Rauch in ihren Lungen sie beruhigte
und die Angst um Mama betäubte
die meistens im Bett lag und schlief
oder die Hand ihrer Tochter hielt, sie betrachtete und über ihre schwarz gefärbten Haare strich
wobei sie versuchte, zu lächeln
während beiden Tränen die Wangen hinunterrollten
so saßen sie da
und Mama war schwächer denn je
so dass sie beim Bäcker keinen Kuchen mehr kaufte
und glücklich sein zum Fremdwort wurde
wie auch die Sonne fremd wurde
deren warmes Kitzeln auf der Haut verblasste
genauso saßen sie da
die Hände ineinander verschränkt
und vergaßen zu lächeln.

Einst stand sie draußen auf der Wiese
schwarz gekleidet im eisigen Schnee
mit Käsekuchen in den Händen
weil sie wusste, dass Mama ihn am liebsten aß
also hatte sie ihn gebacken
und stundenlang am Küchentisch gesessen und geweint
weil sie nicht wusste, wie sie für alles danken sollte
und die heißen Tränen schmolzen ein Muster in den Schnee
während sie vor Mamas Grab stand
in den zittrigen Händen den Käsekuchen
das Gesicht vom Make-up verschmiert
so stand sie da
einsam und verlassen
und dachte an Mamas Lächeln
dass sie immer so bezaubert hatte
und zwischen all den Tränen begannen ihre grünen Augen zu leuchten
weil sie nun wusste dass Mama nicht wollte, dass sie trauerte
Also lächelte sie
und vergaß die Trauer
während sie ein Stück Käsekuchen aß
und sich mit Mama unterhielt
die von oben auf sie herab schaute
und sicher stolz gewesen wäre.

Krieg der Gefühle



Nichts wird wieder so, wie es mal war, sagt die Angst.
Sie kriecht durch meinen Körper, in alle Ecken, nistet sich dort ein und lässt mich nicht schlafen. Lässt mich nicht vergessen.

Ich lebte in einer fiktiven Welt, sagt die Enttäuschung.
Wie, als wäre der Schein zersplittert, dass alles gut ist. Alles zu Boden stürzt. Das Gefühl von Geborgenheit, das Wissen, gehalten zu werden.

Es tut so weh, sagt der Schmerz.
Wenn eine Eiseskälte durch mein Herz zieht, wenn sich Leere in meinem Kopf verbreitet und die Seele den Körper verlässt.

Hör auf, ans Selbstverletzen zu denken, sagt der Druck.
Alles sträubt sich gegen die Wahrheit, alles will sich dafür rechtfertigen, alles will Narben, alles will Blut. Gedanken an Nadel und Faden.

Ich habe nichts falsch gemacht, sagt die Schuld.
Hin und her gerissen zwischen zwei Welten. Versuchen, sich selbst zu glauben, versuchen, die Wahrheit zu verstehen.

Er hat deine Wörter verdient, sagt die Wut.
Ich komme nicht zur Ruhe. Adern pulsieren, habe nichts unter Kontrolle, will treten, schlagen, beißen, schreien.

Ich will nicht mehr, sagt die Trauer.
Tränen wie Perlen, glänzend. Versuchen, alles furchtbare mit sich zu tragen. Kommen nicht aus ihrem Versteck, zurückgehalten von einer Wand aus Unverständnis.

Beruhige dich endlich, sagt das Gewissen.
Wie? Gedanken denken Kontrolllos, nichts lässt sich abregen, alles zieht an mir, von links nach rechts, von oben nach unten, Hauptsache alles ist in Bewegung.

Lass dich gehen, sagt die Musik.
Lasse mich mitziehen von ihr, in eine Welt voller Töne, die meine Gedanken ausschalten, nichts relevant ist außer die Schallwellen, die mich greifen und ins Nichts tragen.

Überlege genau, was du tust, sagt der Verstand.
Und wenn ich nicht weiß, was noch richtig und was falsch ist? Wenn der Kopf nicht mit sich reden lässt? Wenn Wissen zu etwas unbekanntem wird?

Verzeihe, sagt die Liebe.
Das Herz sagt ja, der Kopf sagt nein, der Körper kann sich nicht entscheiden und die Seele zerspringt unter all den verhassten Entscheidungen.

Ist doch egal, was er gesagt hat, sagt die Sehnsucht.
Alles sehnt sich nach ihm, alles will ihn. Zerreißendes Gefühl in der Brust, schweres Atmen. Nichts als er in meinem Kopf. Irgendwo zwischen Wut und Enttäuschen. Trotzdem da.

Ach, scheiß drauf, sagte ich.
Und verschloss mich vor allen Situationen, vor´m Krieg der Gefühle, und jagte die Kugel durch meinen Kopf.