Montag, 21. Dezember 2015

Wer bin ich?

Wer bin ich?
Ohne mich gäbe es nichts.
Ohne mich schwindet die Existenz.
Ihr könnt mich nicht sehen - trotzdem begleite ich euch Tag für Tag.
Manchmal erscheine ich euch als nervig und dann wünscht ihr euch, ich würde verschwinden. Das macht mich traurig. Ich will euch nichts böses. Meine Aufgabe ist es, durch meine Anwesenheit eure Wunden zu heilen und eure Schmerzen zu lindern. Ich schenke euch Leben, ich gebe euch neuen Mut, weiterzukämpfen.
Manchmal seid ihr aber auch glücklich darüber, dass ich für euch da bin. Manchmal wollt ihr mich sogar nicht mal mehr gehen lassen. Und manchmal braucht ihr mich und seid dann ganz einsam und verzweifelt, wenn ich euch verlassen und weiterziehen muss.
Wer bin ich?
Ich bin nicht sonderlich gesprächig. Man kann auch nicht mit mir diskutieren.
Aber ich kann gut zuhören. Wenn es sein muss, ewig. Ich habe immer ein offenes Ohr für euch und ihr könnt euch sicher sein, dass ich immer für euch da bin. Auch, wenn ich es manchmal eilig habe.
Wenn ihr versucht, mich zu manipulieren, werdet ihr sehr schnell merken, dass ihr daran scheitern werdet. Ich bin immer in Bewegung, ganz ruhelos, und auch, wenn ich selbst mal erschöpft bin weiß ich, dass ich mich nicht ausruhen darf.
Wer bin ich?
Manchmal scheuche ich euch im Eiltempo über die kleinen und großen Hürden des Lebens und riskiere, dass ihr stolpert und euch verletzt, manchmal lasse ich euch entspannt euren Weg gehen und gebe euch die Möglichkeit, zu genießen. Auch, wenn ich euch oft den letzten Nerv raube - am Ende bin ich es, die euch wieder aufbaut und zum weitermachen animiert.
Wer bin ich?
Ich bin unsichtbar, ich bin lautlos, ich bin immer in Bewegung und doch bei allen zugleich.
Ich bin schnell und langsam, sympathisch und unsympathisch.
Ich bin die Zeit.

Sonntag, 20. September 2015

Avocado

Von Avocados wird mir übel
bringt mir einer schnell nen' Kübel?
Avocados schmecken nicht
manche schmier'n sich's ins Gesicht.
Das Gesicht damit beschichten
soll Pickel und Mitesser vernichten.
Schon der Anblick fällt mir schwer,
Avocado, ich hasse dich sehr!

Apfel. Birne, Kirsch und Pflaume,
Pfirsich, Beeren,und die Traube,
all das Obst, dass ess ich gern,
Avocado, bleib mir fern!
Die Moral von der Geschicht?
Avocados isst man nicht
und erst gehört sie nicht
als Matschepampe ins Gesicht!





- Beitrag zur Schülerzeitung zum Thema "Hass - Avocados"

Drowning

Meine Hände verkrampfen sich langsam zu einer Faust. Meine Lippen kleben zusammengepresst aufeinander. Ich versuche, die aufsteigenden Tränen hinunterzuschlucken, doch die Macht des Augenblicks trifft mich mit solch einer Wucht, dass jede Kraft des Widerstands in mir erstirbt. Erinnerungen können so grausam sein. Wie kleine Schlangen schleichen sie sich an einen heran, dringen in den Verstand, erschaffen ein Netz aus Schmerz, ein Labyrinth voller Verlorenheit.

Zurück in die Vergangenheit geschleudert lande ich hart auf dem eisigen, dunklen Boden, huste Staub. Es ist so kalt hier. Jeder Versuch, mich aufzurichten, scheitert an der Tatsache, dass ich keine Kraft habe, aufzustehen. Nicht zu diesem Zeitpunkt. Meine Arme geben unter meinem Gewicht nach, immer wieder breche ich zusammen. Schreie der Angst wollen sich aus meiner trockenen Kehle quälen, doch auch die Stimme ist mir versagt.

Ich spüre die Tränen. Spüre, wie warm sie meine Wangen hinab fließen. Höre mein Schluchzen. Ich zittere. Bitte, so lasst mich doch endlich gehen. Mein weiches Bett fühlt sich plötzlich steinhart an. Die verschwommenen Umrisse meines Zimmer überlappen sich mehrmals, bevor sie kurz zu einem Bild verschmelzen. Ich schlinge die Hände um die Knie und versuche, die kläglichen Laute, die aus meiner Kehle flüchten, zu ersticken. Hitze wallt durch meinen Körper, meine Augen brennen. Wie kleine Flammen wütet der Schmerz durch meinen Schädel, beginnt, Teile meiner Kraftreserven zu versengen. Ich will schreien, alles aus mir heraus schreien.
Als die Erinnerung in mich eindrang, konnte ich die elenden Laute der Angst und Sehnsucht nicht mehr zurückhalten. Wie ein Speer aus feuriger Kälte geschmiedet schoss sie in mich hinein und verankerte sich schmerzhaft in meinem Bewusstsein.

Du wirst immer meine beste Freundin bleiben. Ich werde dich nie gehen lassen.

Warum hast du es dann? WARUM? Warum bist du gegangen?“
Ich nehme kaum wahr, wie sich Satz für Satz meine Einsamkeit in den Vordergrund schlägt. Minute um Minute schleichen sich immer mehr Worte zwischen den Schluchzern hindurch. Ich spreche sie zittrig hinaus in den Raum, hinauf zur Decke, kaum erkennbar hinter der Wand aus Tränen, die immer während aus meinen Augenwinkeln flüchtet. Das gesamte Zimmer – ausgefüllt von Leere. Alles zieht sich zusammen und dehnt sich aus. Pulsiert wie das Blut, dass durch meine Adern fließt, glühend heiß und zugleich so kalt, dass es jeden Moment zu gefrieren scheint. Die Welt bebt.

Nur noch einmal in deinen Armen liegen, nur noch einmal das Gefühl von Geborgenheit spüren. Nur noch einmal...

Mein Körper fühlt sich an, als sei er aus Blei. So Schwer, dass ich Angst bekomme, durch's Bett hindurch in die Untiefen der Erde gezogen zu werden, um dort in der Hitze des Erdkerns zu verbrennen, bis nichts mehr übrig ist. Meine eigene Asche wird der Weg zu meinem Grab sein.
Die Atmung geht flach, alle Kraft ist verflogen. Mein zur Decke gerichteter Kopf landet unsanft auf meinem Arm. Selbst die Tränen sind verflogen. Außer der unerträglichen Wärme, die von meiner Wange ausgeht, spüre ich nichts mehr. Die Ränder meines Sichtfeldes beginnen, sich zu schwärzen, immer näher in die Mitte zu rücken, um mich ein für alle Mal in der Dunkelheit zu verschlingen.
Meine zur Faust verkrampften Hände erschlaffen und bleiben leicht gekrümmt auf der Bettkante liegen. Die Knie – angewinkelt an den Körper.

You broke me. Forever.

So bleibe ich liegen. Alles ist schwarz. In meinem Kopf herrscht Chaos. Die ausgesprochenen Worte hallen noch einige Zeit im Zimmer wider, ehe sie wimmernd verklingen und sich langsam eine Totenstille verbreitet. Das geschwächte Herz pumpt, doch ich spüre gar nichts.
Ich lasse mich gehen, leise, ziehe aus meinem Körper, weiter, direkt hinein in den ewigen Schmerz und warte sehnsüchtig darauf, endlich darin zu ertrinken.

Freitag, 18. September 2015

Realitätsfassade

Im Endeffekt leben wir doch gar nicht.
Alles ist Fassade, versteckt sich hinter unseren Gewohnheiten.
Im Endeffekt leben wir doch gar nicht.
Wir glauben an das, was wir sehen, was wir hören, was wir spüren. Alles Fassade.
Das menschliche Gehirn ist doch nur ein Computer. Ein programmiertes System. Gehändelt von dem, was wir wahrnehmen, gespeichert im Abteil des unvergesslichen.
Wir leben durch Lernen, Einprägungen von dem, was wir uns abschauen, und doch leben wir nicht.
Wir sind doch alles nur ferngesteuerte, programmierte Hüllen, ausgefüllt mit Taten und dem Wissen, welches wir von Beginn an eingebläut bekommen.
Doch wo liegt dieser Beginn? Was ist das Ende? Gibt es denn überhaupt ein Ende?
Warum sollte es ein Ende geben?
Wenn wir das Wissen in unserem Kopf austesten, geraten wir irgendwann an eine Grenze.
Wenn es doch ein Ende gibt, warum kennen wir dann nicht das Ende des Universums?
Wo ist das Ende eines Kreises?
Wenn es das Ende gibt, warum reden dann so viele von der Unendlichkeit? Von der Tatsache, dass anscheinend doch nicht alles enden kann?
Unendlichkeit liegt außerhalb unseres Denkens, außerhalb des Systems in das wir hineingeboren wurden.
Die Menschen sind von Natur aus darauf erpicht, für alles einen Sinn zu finden. Wenn man lange genug darüber nachdenkt, fällt einem auf, dass die Wände, mit denen wir versuchen, alles in ein systematisches Gestell zu verpacken, durchsichtig sind. Vielleicht zeichnen wir die Grundrisse der Wirklichkeit, doch sie sind durchschaubar. So wie die Menschen selbst. So wie alles hier.
Wir glauben daran, Recht zu haben, weil wir Recht haben wollen. So steht es in unseren Köpfen geschrieben. Doch im Endeffekt ist das alles für die Katz.
Nimmt man das von uns aufgestellte System auseinander, merkt man, dass wir im Großen und Ganzen nicht mehr versuchen, als eine zu Millarden Teilen zerborstene Glasplatte irgendwie wieder auf einen Haufen zu kehren, anstatt sie in ihren winzigen Teilen zu einem Ganzen zusammenzusetzen. Wir haben keine Ahnung von der Wirklichkeit. Wir sind bloß ein Haufen Idioten, die auf Scherben zum Stehen gekommen sind, welchen wir als Sinnvoll erachten. Als die Wirklichkeit. Als wahr und sinnvoll.
Warum sollte es so sein? Warum sollte das, was wir in einem von Menschenhand erschaffenenm Chaos als sinnvoll sehen, wirklich das sein, das allem einen Sinn gibt?
Betrachtet man alles genauer, ergibt nichts einen Sinn.
Wir glauben zu verstehen, doch wirklich etwas wissen tun wir nicht. Wir wissen nur das, was wir selbst als Wissen bezeichnen.
Doch woher sollen wir wissen, ob in Wirklichkeit ein Meter auch wirklich ein Meter ist? Warum sollte unser Zahlensystem stimmen? - Wir wissen es nicht. Wir wissen garnichts, weil wir glauben, alles zu wissen.
Verrückte Welt.
Wie können wir an all das glauben, wenn sich alles in allem immer wieder widerspricht?
Überall begegnet man Paradoxien, doch die Firewall, die diesen Computer in unserem Kopf umhüllt, schluckt jede beängstigende Erkenntnis, bevor sie Chaos in uns anrichten kann, in dem System, dass uns händelt, uns beherrscht. Wir haben eine Macht erschaffen, die einst unser Eigen war - doch jetzt sind wir ihr Eigen. Alles ist so verdreht. Alles ist falsch.
Egal, wo wir hinsehen, wenn man weiterdenkt, begegnet man überall im menschlichen Denken Lücken. Kleine, ungefüllte Löcher, ohne Informationen, ohne ein absehbares Ende. Wenn man diese Löcher nun ganz genau unter die Lupe nimmt, überollt einen das Bewusstsein, das nichts von all dem, was die Menschen sich aufgebaut haben, stimmen kann.
Konfrontiert sich ein Mensch mit dem Nichts, gerät er in eine Gedankenschleife, der er nicht zu entfliehen vermag. Denn was ist das Nichts? Es hat weder einen Anfang noch ein Ende. Mag wohl heißen – es ist unendlich. An genau diesem Punkt stoßen wir wieder an diese Grenze. Es ist wie ein Gefängnis. Wir können rennen so viel wir wollen, wir landen wieder genau dort, wo wir begonnen haben – wir bewegen uns im Kreis. Egal wo wir hinschauen, die Unendlichkeit ist überall. Keiner kann sie verstehen. Wir haben nie begriffen, was es bedeutet, zu wissen. Wir stehen scheinheilig grinsend auf unserem Scherbenhaufen und lassen uns in dem Unwissen, eigentlich gar keine Ahnung zu haben.
Dabei ist so vieles doch offentsichtlich. Nehmen wir das Universum. Alles, was ist, besteht aus Materie, sagt unser Kopf. Das Gegenstück dazu ist Antimaterie, so wurde es uns gelehrt. Beides soll existent sein. Beides besteht zu Massen im Universum. Wie soll das gehen? Gegenseitiges hebt Gegenseitiges auf – so wurde es uns doch beigebracht, das sagt der gegebene Sinn des Menschen! Sieht denn keiner, wie paradox das alles ist? Existiert beides im Universum, kann nichts existieren. Es hebt sich alles auf, das sagt doch der Mensch! Was entsteht, ist das Nichts. Und das Nichts kann nicht existieren, da es weder beginnt noch endet. Wo ist da der Sinn? Wo ist das alles hin? Alles, was sich der Mensch aufgebaut hat? Sieht denn keiner diese Lücken in unserem Denken?
Nichts von all dem, was wir zu wissen glauben, stimmt.
Wir haben uns selbst in die Laufbahn einer Schleife gesetzt, und jetzt stolpern wir erschrocken immer wieder über Tatsachen, die wir uns einfach nicht erklären können. Wir sind schuld. Ganz allein wir. Wir haben uns selbst diese Grenzen gestellt, die zu unserem Gefängnis geworden sind.
Hat sich denn noch niemand Gedanken darum gemacht, warum wir alle dieses unfassbare Bestreben nach Freiheit haben? Nach endlosem Wissen? Nach dem Sinn?
Es ist einfach nur ein Wunsch. Oh nein.
Es ist schlichtweg der kleine, wunde Punkt in uns, der die Wahrheit kennt. Trotz dass fast jeder frei sein möchte, bleiben die meisten vor dieser riesigen Realitätsfassade stehen und kommen nicht weiter voran. Das angelernte Wissen, dass sich von vornherein in unseren Köpfen verankert hat, macht so viele blind ; und genau aus diesem einen Grund werden wir nie dieser riesigen Wand voller Paradoxien, Unendlichkeit und Unwissen trotzen können.
Und das alles nur, weil keiner wusste, was für Auswirkungen unser geheucheltes Wissen anrichten konnte.






Dienstag, 10. März 2015

Käsekuchen



Einst lag sie draußen auf der Wiese
übersät mit roten Tulpen und lila Veilchen
starrte in den blauen Himmel hinauf
der strahlte und leuchtete und sie lächelte
während Zuhause Mama Kuchen backte
mit Erdbeeren und Schokoladen-Kleeblättern
den sie so gerne aß, dass ihr jedes Mal schlecht wurde
vom vielen Kuchen
und trotzdem war sie glücklich in diesem Jahr
auf ihrer Wiese mit den vielen Blumen
die sie pflückte und zu Mama nach Hause brachte
die diese mit Tränen in den Augen entgegennahm
und ihr über die blonden Haare strich
die Mama nicht mehr hatte
und sah in ihre Augen, die sie im grünen Schimmer neugierig anstarrten
noch so jung und unerfahren
das Leben erst vor sich
so starrte sie Mama an
deren Augen gerötet waren vom vielen weinen
und so eingefallen, dass man glaubte, sie würden gleich verschwinden
so sahen sie sich an
in diesem Jahr
und doch waren sie glücklich.

Einst saß sie draußen auf der Wiese
zwischen wehenden Grashalmen vom kalten Wind
während sie frierend die Arme um sich schlang
und den Tulpen und Veilchen beim Welken zusah
und der Himmel war grau und voller Wolken
den sie mit trüben Blick betrachtete
während Mama beim Bäcker war und Apfelkuchen kaufte
den sie nicht mochte
weil der Zimt fehlte, den Mama immer hineingemischt hatte
und ihr glücklich sein schwand von Tag zu Tag
während der Rauch in ihren Lungen sie beruhigte
und die Angst um Mama betäubte
die meistens im Bett lag und schlief
oder die Hand ihrer Tochter hielt, sie betrachtete und über ihre schwarz gefärbten Haare strich
wobei sie versuchte, zu lächeln
während beiden Tränen die Wangen hinunterrollten
so saßen sie da
und Mama war schwächer denn je
so dass sie beim Bäcker keinen Kuchen mehr kaufte
und glücklich sein zum Fremdwort wurde
wie auch die Sonne fremd wurde
deren warmes Kitzeln auf der Haut verblasste
genauso saßen sie da
die Hände ineinander verschränkt
und vergaßen zu lächeln.

Einst stand sie draußen auf der Wiese
schwarz gekleidet im eisigen Schnee
mit Käsekuchen in den Händen
weil sie wusste, dass Mama ihn am liebsten aß
also hatte sie ihn gebacken
und stundenlang am Küchentisch gesessen und geweint
weil sie nicht wusste, wie sie für alles danken sollte
und die heißen Tränen schmolzen ein Muster in den Schnee
während sie vor Mamas Grab stand
in den zittrigen Händen den Käsekuchen
das Gesicht vom Make-up verschmiert
so stand sie da
einsam und verlassen
und dachte an Mamas Lächeln
dass sie immer so bezaubert hatte
und zwischen all den Tränen begannen ihre grünen Augen zu leuchten
weil sie nun wusste dass Mama nicht wollte, dass sie trauerte
Also lächelte sie
und vergaß die Trauer
während sie ein Stück Käsekuchen aß
und sich mit Mama unterhielt
die von oben auf sie herab schaute
und sicher stolz gewesen wäre.

Krieg der Gefühle



Nichts wird wieder so, wie es mal war, sagt die Angst.
Sie kriecht durch meinen Körper, in alle Ecken, nistet sich dort ein und lässt mich nicht schlafen. Lässt mich nicht vergessen.

Ich lebte in einer fiktiven Welt, sagt die Enttäuschung.
Wie, als wäre der Schein zersplittert, dass alles gut ist. Alles zu Boden stürzt. Das Gefühl von Geborgenheit, das Wissen, gehalten zu werden.

Es tut so weh, sagt der Schmerz.
Wenn eine Eiseskälte durch mein Herz zieht, wenn sich Leere in meinem Kopf verbreitet und die Seele den Körper verlässt.

Hör auf, ans Selbstverletzen zu denken, sagt der Druck.
Alles sträubt sich gegen die Wahrheit, alles will sich dafür rechtfertigen, alles will Narben, alles will Blut. Gedanken an Nadel und Faden.

Ich habe nichts falsch gemacht, sagt die Schuld.
Hin und her gerissen zwischen zwei Welten. Versuchen, sich selbst zu glauben, versuchen, die Wahrheit zu verstehen.

Er hat deine Wörter verdient, sagt die Wut.
Ich komme nicht zur Ruhe. Adern pulsieren, habe nichts unter Kontrolle, will treten, schlagen, beißen, schreien.

Ich will nicht mehr, sagt die Trauer.
Tränen wie Perlen, glänzend. Versuchen, alles furchtbare mit sich zu tragen. Kommen nicht aus ihrem Versteck, zurückgehalten von einer Wand aus Unverständnis.

Beruhige dich endlich, sagt das Gewissen.
Wie? Gedanken denken Kontrolllos, nichts lässt sich abregen, alles zieht an mir, von links nach rechts, von oben nach unten, Hauptsache alles ist in Bewegung.

Lass dich gehen, sagt die Musik.
Lasse mich mitziehen von ihr, in eine Welt voller Töne, die meine Gedanken ausschalten, nichts relevant ist außer die Schallwellen, die mich greifen und ins Nichts tragen.

Überlege genau, was du tust, sagt der Verstand.
Und wenn ich nicht weiß, was noch richtig und was falsch ist? Wenn der Kopf nicht mit sich reden lässt? Wenn Wissen zu etwas unbekanntem wird?

Verzeihe, sagt die Liebe.
Das Herz sagt ja, der Kopf sagt nein, der Körper kann sich nicht entscheiden und die Seele zerspringt unter all den verhassten Entscheidungen.

Ist doch egal, was er gesagt hat, sagt die Sehnsucht.
Alles sehnt sich nach ihm, alles will ihn. Zerreißendes Gefühl in der Brust, schweres Atmen. Nichts als er in meinem Kopf. Irgendwo zwischen Wut und Enttäuschen. Trotzdem da.

Ach, scheiß drauf, sagte ich.
Und verschloss mich vor allen Situationen, vor´m Krieg der Gefühle, und jagte die Kugel durch meinen Kopf.

Dienstag, 10. Februar 2015

Mach's einfach!

Mach's einfach, schieb dein Bett in den Klassenraum und schlaf weiter.
Mach's einfach, trink deinen Kaffee nicht mit Zucker,  sondern Zucker mit Kaffee.
Mach's einfach,  iss deine Wurst mit Brotbelag.
Mach's einfach, schlaf im stehen.
Mach's einfach,  putz mit den Zähnen deine Zahnbürste.
Mach's einfach,  bring deiner Katze das bellen bei.
Mach's einfach,  spring im Schlafsack durch die Bücherei und schrei: "ich bin ein Bücherwurm! "
Mach's einfach,  kleb dir keine künstlichen Fingernägel auf, sondern mathematische.
Mach's einfach,  setz dich im Garten ins Beet und sei ein Radieschen.
Mach's einfach,  geh zum Friseur und schneid' ihm die Haare.
Mach's einfach,  wirf deinen Fallschirm aus dem Flugzeug und spring hinterher.
Mach's einfach,  sei anders als die anderen.
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Selbstversuch nach der Einstellung "write some positive shit" :)

Donnerstag, 29. Januar 2015

Rot zu Schwarz

Meine Hände zittern. Mein Blick ist starr. Alles ist kalt. So Kalt.
Ich presse meine Hände gegeneinander und verkrampfe meine Finger so stark, dass sie vom angestauten Blut rot werden. Meine Psyche sehnt sich nach Schmerzen.
Ich versuche, langsam zu atmen, tief und langsam. Bloß die Ruhe bewahren. Nicht dem Druck nachgeben. Meine Finger bohren sich langsam ins Fleisch meiner Handoberfläche. Es zwickt. Ich nehme es kaum wahr. In meinem Inneren zucken Blitze gegen die Wände meines Willens. Immer wieder spüre ich, wie der Puls meiner Kraft langsam schwindet und wieder ansteigt. Meine Gedanken rasen. Die eisernen Ketten, die in mir alles zusammenhalten, scheinen nachzugeben. In meinem Kopf breitet sich ein taubes Gefühl aus. Es lähmt meine Kraft. Es betäubt das Gefühl von Stärke. Immer wieder zuckt es durch meinen Körper. Rüttelt an den Ketten und schlägt mit voller Wucht gegen meinen Schädel. Bloß die Gedanken ausschalten. Bloß den Verstand zunichte machen. Rauschen von Blut. Tiefes rot. Ich sehe meinen Körper - zerschnitten – zerstört – und doch will ich es mehr als alles andere. Alles kreist um die Klinge. Um die tiefen Schnitte. Zentimeter breit, endlos lang, waagrecht die Oberschenkel hinauf und hinunter. Alles ist egal. Irrelevant. Schneiden, schneiden, schneiden. Nichts anderes ist mehr wichtig. Meine Hände bewegen sich hinunter zum Bein, liegen auf dem Oberschenkel. Kratzen. Auf und ab. Auf und Ab. Leichter Schmerz. Und doch bringt er nichts. Ein tiefer Atemzug, die Augen weiten sich. Ausatmen, nur nicht die Luft anhalten. Die Hände schnellen hoch. Etliche Male hämmern sie gegen meinen Arm. Das Finalgon brennt nicht mehr. Seine Wirkung verlässt mich. Immer wieder schlage ich zu. Es muss brennen. Es muss weh tun. Richtig weh tun. Ich drücke darauf herum. Lange. So lange, bis es wieder beginnt zu brennen. Nur für ein paar Sekunden. Nur kurz abschalten können. Nur kurz Gedanken fassen können. Nur ganz kurz klar denken. Meine Umgebung. Alles pulsiert. Zieht sich zusammen, dehnt sich aus. Stimmen. Sehnend rufen sie nach mir. Doch ich bin nicht da. Nicht da. Nicht da... Irgendwo im nirgendwo. In der Kälte. Bei den Narben. Bei den Schmerzen. Bei der Angst. Da, wo ich grade sein will, obwohl sich alles in mir weigert. Es schreit nach Hilfe, nach Rettung, nach Kraft. Doch ich komme nicht mehr hoch. Zusammengekauert liege ich auf dem kalten Boden. Alles ist schwarz. Geruch von Blut. Geruch von Schuld. Geruch vom Leben, das ich verlassen hatte. Es ist so kalt, so unendlich kalt. Die Ketten halten dem Druck nicht mehr lange stand. Was muss noch passieren? Welche Zeit muss noch vergehen? Eine Stunde? Wenige Minuten? Ein Wimpernschlag? Ein Atemzug? Immer wieder Bilder von Schnitten. Bilder vom Blut, klaffenden Wunden. Geht weg! GEHT WEG! Schleichen. Tapsen. Sie kommen immer näher. Wann sind sie da? Wie lange noch? Klirren. Scheppern. Eisen rast zu Boden. Zersplittert in etliche Einzelteile. Druck übermannt. Kontrolle ausgeschaltet. Kopf ist leer. Und alles wird schwarz.